Flachs in der Wikingerzeit

Vom Flachs zum Leinen

In über 15-jähriger Arbeit mit dem Handwerk der Wikingerzeit hat das Personal im Ribe VikingeCenter breit gefächerte Erfahrungen mit den Werkzeugen und Abläufen aufgebaut, die vor 1000 Jahren zum Alltag der Menschen gehörten. Erfahrungen, die professionelle Archäologen selten machen können, die aber von großer Bedeutung für das Verständnis des Lebens in der Vergangenheit sind.

Man kann daher sehr viel lernen, wenn man die Art von praxisorientiertem Wissen, die es im Ribe VikingeCenter gibt, mit dem Forschungswissen der Facharchäologen kombiniert. Darum hat die Süddänische Universität im Jahr 2010 mit dem Ribe VikingeCenter in einem Projekt über den Flachs in der Wikingerzeit zusammengearbeitet.

Zu dem Projekt wurde ein wissenschaftlicher Bericht in englischer Sprache verfasst, der unten auf dieser Seite heruntergeladen werden kann.

Flachs in der Wikingerzeit

In den archäologischen Funden sind Textilien normalerweise nur in ganz kleinen Stücken erhalten, z.B. in Rost und Grünspan auf der Rückseite metallener Schmuckstücke in Gräbern. Eine systematische Untersuchung dieser Fragmente zeigt aber, dass bis zu 40 % der bekannten Textilfunde aus der Wikingerzeit als Flachs bestimmt werden können. Flach war also offensichtlich allgemein in Gebrauch, wenn auch vielleicht vor allem für besonders feine Zwecke. In Viborg wurde ein Hemd aus dem 11. Jh. gefunden, an dem man sehen kann, wie die Kleidung ausgesehen hat. Dieser Fund ist nur aufgrund gewisser spezieller Umgebungsverhältnisse erhalten geblieben und ist einzigartig in Nord- und Mitteleuropa. An mehreren Orten in Dänemark wurden spezielle Plätze gefunden, wo man Flachs in beinahe industriellem Maßstab produziert hat. Flachs war auch eine Handelsware in der Wikingerzeit.

Das Projekt

Das Ziel des Projektes war daher, den - recht komplizierten - Arbeitsablauf vom Flachssamen zum fertigen Hemd zu dokumentieren und dabei zu untersuchen, wie viel Arbeitskraft für die Produktion eines Viborg-Hemdes benötigt wurde.

Die Resultate weisen auf eine Gesamtarbeitszeit von 300 - 400 Stunden für ein einzelnes Hemd hin. Für ein Hemd braucht man mehr als 10 km handgesponnenes Garn. Allein im Spinnen des Garns stecken etwa 200 Stunden Arbeit eines erfahrenen Arbeiters. Das ist eine hohe Zahl, auch zumal das Hemd aus Viborg eher klein ist und kaum einem erwachsenen Mann passte. Ein sehr großer Teil der Arbeitszeit der Frauen floss darein, für die Kleidung zu sorgen. Es daher kein Zufall, dass Ahnenforscher die weibliche Ahnenreihe die "Kunkelseite" nennen (Kunkel = Spindel).

Das Projekt wurde in der Praxis von Birgit Thomsen durchgeführt, der erfahrensten Textilexpertin des Ribe VikingeCenters, und von Bo Ejstrud, Dozent an der Süddänischen Universität, gemeinsam mit einer Gruppe Studierender des Masterstudienganges Archäologie an der Süddänischen Universität in Esbjerg. Außerdem nahm die Archäologin Stina Andresen teil, die sich speziell mit den archäologischen Funden von Flachs in Nordeuropa aus dieser Zeit beschäftigt hat.

Der Bericht 'From flax to linen. Experiments with flax at Ribe Viking Centre' (Flash erforderlich) 

Der Bericht 'From flax to linen, Experiments with flax at Ribe Viking Centre' (PDF)